Heritage Project
Ausgangspunkt für das Heritage Project ist ein zentral am historischen Hauptplatz von Tarnovo gelegenes Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, das 1913, beim großen Erdbeben weitgehend zerstört und auf dessen Fundamenten zwischen 1914 und 1916 das jetzige Haus errichtet wurde. Dieses transformiert sich in einer mehrjährigen Kooperation mit dem Kunsthaus Graz, der Stiftung Bauhaus Dessau und dem Bundesdenkmalamt Wien/Kartause Mauerbach in ein öffentliches Kunstzentrum. Das Gebäude am Hauptplatz ist dabei selbst größtes Exponat und gleichzeitig Hülle und Träger anderer Exponate, die in das Haus eingebaut oder in ihm ausgestellt werden. Einige davon, darunter ein doppelflügeliges Eingangstor, ein Steinboden, eine Steinsäule, mundgeblasene Glasscheiben usw. waren zwischen Anfang Juni und Ende August 2023 im Kunsthaus Graz ausgestellt.
Die jeweils verwendeten Ausgangsmaterialien sind historisch: das Tor stammt aus den 1830/1840er Jahren, die Maueranker sind aus dem 18. Jahrhundert, und die beiden geschmiedeten Ausleger aus dem 19. Jahrhundert. Die Steine der Steinboden-Skulptur kommen aus dem 16. Jahrhundert und aus dem 18. Jahrhundert, die Steinsäulen stammen aus dem 18. Jahrhundert. Die Holztür ist von 1718. Zusammen mit Expert*innen aus dem Handwerk, der Denkmalpflege und Restaurierung werden die jeweiligen Objekte zunächst erfasst, beforscht, restauriert, ausgestellt und zuletzt in das Haus am Hauptplatz eingebaut.
Doch Dejanoff weitet die Vorstellungen eines „bulgarischen“ Erbes aus, hin zur Alltags- und Populärkultur, zum sozialistischen Bulgarien und der Nachwendezeit. Wiederkehrend finden sich Verweise auf Le Corbusier, seien es Zeichnungen und Notizen aus dessen Voyage d’Orient, oder wie zuletzt der Einsatz des von Cassina produzierte LC14 Tabouret Cabanon Hockers in seinen Ausstellungen. Die Verbindung der einzelnen Teile des Hockers folgt dem Prinzip Schwalbenschwanz, im Grunde genommen eine Steckverbindung, wie sie auch in den Gebäuden in Tarnovo und Arbanassi zu finden ist. Wer Dejanoffs Werke also als Wiederentdeckung eines nationalen bulgarischen Erbes lesen möchte, muss erkennen, dass jene Steckverbindungen, die bereits Le Corbusier fasziniert hatten, sich von Deutschland bis Japan finden lassen. Der Grund: Die Mobiliät der Handwerker in früheren Jahrhunderten. Damit zeichnet Dejanoff kulturelle Verbindungslinien nach, die spätere nationale Grenzen überschreiten.